Se-Lien Chuang live am
Ultraschall Festival, Berlin, Sophiensäle 2005
Präpariertes
Klavier
Arco-Piano
Virtuose arco-Spieltechniken, bei denen die Saiten des Klavieres
mittels Bogenhaaren gestrichen werden, sind die Spezialität
der Pianistin Se-Lien Chuang.
Durch phrasieren mehrstimmiger Akkorde werden klangreiche
Obertonstrukturen ausgelöst.
Die arco-piano Technik ist
eine zeitgenössische Spieltechnik an einem Flügel, in der mit
gebündelten Bassbogenhaaren/Geigenbogenhaaren die Saiten des
Klaviers angeregt und ein zauberhafter obertonreicher Klang
hervorgerufen werden. Die Komponistin hat diese Spieltechnik
zu einem Niveau entwickelt an dem polyphone Klänge der Saiten und
ihrer Obertöne anspruchsvoll kontrolliert werden und wir können
gespannt sein wie diese in einer ausgeschrieben Partitur weiterhin
von anderen PianistInnen Anwendung findet.
"Mein spezieller Bereich beim präparierten Klavier liegt in der
Verwendung der Arco-Piano Technik, die mit in der Saiten
eingefädelten Bündeln der Bogenhaaren entlang der Saiten bzw. auf
der Flageolettnoten (Schwingungsknotenpunkte) der Saiten des Klavier
bespielt wird, wobei die verschieden Dickheit der Bündeln und die
Materialien der Bogenhaaren von den Lagen der Saiten (bei Basssaiten
mit Cello bzw. Kontrabass Bogenhaaren, bei der Diskantsaiten mit
Geigenbogenhaaren) abhängen. Die Bündeln sind auf beiden Enden
befestigt und sehen richtig wie Zöpfe aus, und unterscheiden sich
von der herkömmlichen Technik von Cage, z.B. mit 1 Haar. In den
meisten Stücken mit Arco-Piano wie Interlude for pi and for Io (2005) von
Se-Lien Chuang und Andreas Weixler, audio-visuelle Echtzeit
Improvisation mit arco-piano (http://avant.mur.at/works/pi_io/avirealisation.dt.html),
SpectraSonic V:NM (2009) von Se-Lien Chuang und Andreas Weixler,
Audiovisuelle Interaktion (http://vnm.mur.at/fest_99_05/09_sites/festival09/sites/spectra-sonic.html)
sind 7-12 Bündel in den Klaviersaiten präpariert worden. Die
Arco-Piano Technik ist meiner Ansicht nach eine sehr anspruchsvolle
Spieltechnik in physikalischer, biologischer und gestischer
Hinsicht, man müsste mal im optimalen Umstand die ganze Länge der
Saiten streichen können, damit die maximale Vielfalt der Spektren
der Klängen erreicht werden kann, dann beanspruchen die
kontinuierliche Pedalisierung des rechten Pedals und das Verbeugen
des oberen Körpers die Last der Wirbelsäule und die Muskeln des
rechten Beins, denn zur Klangbildung bei der Arco-Piano Technik
gehört der intensive Einsatz des Fortepedals, auf dem man die meiste
Zeit steht, was wiederum zusammen mit dem Vorbeugen in das
Klavierinnere eine gekrümmte, körperlich anstrengende Haltung
verursacht, und nicht zuletzt die gestischen Gestalt des Ziehens,
des Zuckens sowie des Dirigierens mit den beiden Händen macht das
Arco-Piano zur Kunst, die musikalische, bildende, darstellende und
poetische Perspektiven vereinigen lässt."
Ping-Pong Bälle
"Ping-Pong-/Tischtennis-Bälle gehören auch zum meinen Apparat. Der
kontrollierbare Ballwurf in die Saiten, einerseits direkt mit der
Hand und andererseits durch das Spielen am Tasten, macht die
Ballbewegungen zu den mal kalkulierbaren und mal zufallsreichen
Rhythmen."
Resonanz
"Mein Prinzip als Pianistin und als Komponistin in der Präparation
des Klaviers setzt die instrumental-akustischen Eigenschaften und
die Schonung des Instrumentes voraus.
Das Klavier hat einen wunderbaren Resonanzkörper, der man im Sinne
einer Präparation - mit Mikrophon verstärkt - auch mit anderen
Instrumenten gut resonierend wirken lässt. In großen Takten
singt das Meer (2005) für 2 Klaviere (ohne
Mikrophonverstärkung) von mir habe ich für jedes Klavier ein
Klaviersystem mit verstummten spielenden Tasten und anderes
normales Klaviersystem im Hinblick auf die Obertonreihen und die
Abweichungen der Obertönen zu temperierten Tönen kombiniert. Die
Ausklingenden sind wie die luftigen schwebenden Musen, die nur in
der reibenden Kollision und in der harmonierenden Fusion der Klängen
zu fangen sind."
Abklebungen
"Im Stück zu
zweit (1996) für präpariertes Klavier von mir habe ich mit
Gewebeband die Saiten in Schwingungsknotenpunkte geklebt, die Klänge
sind wie eine Fusion von kleinen Gamelan Gongs ohne starken Ausklang
und kleinen Xylophonen ohne bestimmen Tonhöhen. In diesem Fall habe
ich auf ein Klavier, das für diese Präparation geeignet ist,
bespielt, denn das Gewebeband hinterlässt eine Klebespur auf den
Saiten. "