6. V:NM Festival,  19. - 21. April 2007 in Graz, Austria

Samstag, 21. APRIL
ESC / labor, 20:00

"quod erat..."
Andreas Weixler (concept, multi channel-granularsynthesis, audiovisual transformation)
Klaus Hubmann (bassoon)

main page
...demonstrandum

"quod erat..."

Improvisation eines klassischen Instrumentes - Fagott interpretiert von Klaus Hubmann - und ein Computersystem als zeitgenössisches Musikinstrument - konzeptiert und interpretiert von Andreas Weixler.

Das Fagott bedient sich zeitgenössischer Spieltechniken, die vom Computersystem zu Klängen einer Granularsynthese verarbeitet werden. Obwohl zwei eigenständige Instrumente, entsteht eine Abhängigkeit, die über die übliche Weise hinausgeht: Wenn keine Naturinstrumentklänge vorhanden sind schweigt auch die Synthese. Die Instrumentalklänge geben die musikalischen Möglichkeiten für die digitale Prozessierung vor, diese wiederum bereitet ein akustisches Umfeld auf, in denen die nächsten Klänge eingebettet werden. Zeitgleich fügt eine Mehrkanal-Granularsynthese kleinste Klangpartikel der Instrumentalklänge zu einem beständig veränderlichen Klangfluss aus Tonhöhen, Zeitdauern und Positionen im elektroakustischen Raum zusammen.

Das System ermöglicht die musikalischen Strukturen der eingespielten Instrumentalklänge völlig neu zu ordnen: zeitliche serielle Verläufe werden vertikal aufgetürmt, horizontal verlaufende musikalischen Linien werden zu Akkorden transformiert, verwendete Harmonien werden in neuen Zusammenhängen umgeformt, zeitliche Verläufe können rückwärts, langsamer, schneller, höher, tiefer, microtonal, mehrstimmig, begrenzt zufällig oder auch in allem gleichzeitig wiedergegeben werden. Echtzeitprozesse, wie sie von Effektprozessoren verwendet werden, weichen dynamischen Verläufen im Spannungsfeld von realtime und non-realtime, von einer Echtzeitverarbeitung bis zur kompositorischen Strukturierung des musikalischen Materials innerhalb einer spontanen hochkarätigen Improvisation.


Andreas Weixler über das V:NM Konzert:

Ich sehe meine künstlerische Arbeit als work in progress.
Jede Aufführung der interaktiven Werke, auch desselben Titels, ist ein Unikat, nicht nur aufgrund der Improvisationskonzepte, sondern weil das Computersystem und die damit verbundenen Abläufe für jede Performance weiterentwickelt werden.
Ich sehe meine Kompositionen nicht als separate Werke, sondern als Fluss von künstlerischem Schaffen. Viele der Werke, Instrumentalkompositionen, elektroakustische Musik, audiovisuelle und interaktive Arbeiten, stehen in Beziehung zueinander und das eine ist die Voraussetzung für die folgenden.
So gesehen sind Konzert und Präsentationen wie ein Fenster, in dem man den aktuellen Stand sehen und hören kann.

Der Fagottist Klaus Hubmann ist Spezialist für alte und zeitgenössische Musik, daraus erwarte ich mir ein spannendes Zusammenspiel aus einem klassischen Instrumentarium wie dem Fagott und Echtzeit-Computerprozessen.

Das Computer System für Mehrkanal-Granularsynthese in Max/Msp/Jitter von Andreas Weixler:
Der Audio-Computer wird zum elektronischen Hyperinstrument, das aus den live-Klängen der Instrumente eine mehrkanalige Klangprojektion elektronischer Klänge generiert. Die Instrumentalklänge werden in Echtzeit in kleine Teile, grains, zerschnitten, prozessiert und über ein 8-kanal Lautsprechersystem räumlich wiedergegeben. Die Klangpartikel werden in Tonhöhe, Zeitdauer und Struktur und Position im elektroakustischen Raum verändert und gleichsam einem elektronischen Instrument interpretiert. Die Besonderheit dieser Granular-Synthese ist nicht nur die mehrkanalige Klangprojektion, vielmehr auch die Anordnung von vier unabhängigen Granular-Synthesizern, die es ermöglichen simultan im originalen Zeitverlauf rückwärts und vorwärts in unterschiedlich wählbaren Tempo zu fahren, vertikale Akkorde in beliebiger (micro-)tonalen Verstimmungen aus horizontalen Zeitverläufen zu gestalten und vieles mehr.
- in anderen Worten Melodien und deren Bruchstücke aus verschiedenen Zeitphasen werden in neuen tonalen Verhältnissen zu Klängen aufgeschichtet und variiert. Zeitliche Verläufen können schneller. langsamer, rückwärts, vorwärts und stehend gehört werden und in vielfacher Kombination dessen.

Alle elektronischen Klänge werden aus dem Liveklang des Fagotts berechnet. Die Elektronik agiert als eigenständiges Instrument, das ebenso virtous praktiziert wird wie ein traditionelles akustisches Intrument, jedoch hängen die Möglichkeiten stark vom live Instrument ab, wenn das Fagott nicht spielt, gehen auch mir die Klänge aus. Gleichzeitig versuche ich mit den Elektronischen Klängen ein inspirierendes Umfeld zu erzeugen für den instrumentalen Interpreten und mit diesem musikalisch in einer Improvisation zu kommunizieren.

Das Progamm für die Mehrkanal-Granularsynthese wurde mit der graphischen, objektorientierten Programmierumgebung Max Msp Jitter von Andreas Weixler programmiert. Es kann als eigenes Instrument dienen,  wurde jedoch als Teil eines audiovisuellen Computersystems gemeinsam mit der KomponistIn, Pianistin und Medienkünstlerin Se-Lien Chuang in zahlreichen internationalen Performances konzipiert und ständig weiterentwickelt (work in progress).
(Als Referenz zum Konzept von Se-Lien Chuangs Konzept "...demonstrandum", das ebenfalls bei diesem V.NM Festival mit dem Elektroniker Wolfgang Musil zur Aufführung kommt, trägt die V:NM Performance von Andreas Weixler und Klaus Hubmann den Titel "Quod errat...".)

Klaus Hubmann und Andreas Weixler werden spontan komponieren und versuchen, musikalische Ordnungen in den Raum zu schicken.
Es entsteht ein sich aufladender Prozess von Geben und Nehmen.


http://avant.mur.at/weixler

Projekt page: http://avant.mur.at/weixler/werke/quoderat/index.html

download proceedings of the audiovisual computersystem: http://avant.mur.at/download/AVIC_system_06web.pdf

Tonbeispiele:

AUDIO Besipiel Lon06_bfl.mp3
AUDIO Beispiel Lon06_arcopiano.mp3

vom Portraitkonzert Weixler-Chuang in London, Dezember 2006.
Se-Lien Chuang Bassblockflöte und arco-piano, Andreas Weixler Mehrkanal-Granularsynthese



Bios:


Andreas Weixler

Komponist und Medienkünstler,
1963 in Graz Österreich geboren.

Studium Komposition und Musiktheorie an der Musikhochschule in Graz bei Andrzej Dobrowolski, Younghi Pagh-Paan, Diplom bei Beat Furrer 1995, Magisterium 1997 bei Dr. Otto Kolleritsch.

Spezialisierung in Computermusik, Artist in Residence in Österreich, Deutschland, England und Japan 1993-2005.
Forschung in audiovisuelle interaktive Computerkunst in Japan 2000-2001.

2000/01 Stipendiat des Japan Fellowship Programs als special researcher in computer music
1996 Österreichisches Staatstipendium für Komposition
1993 Musikpreis der Stadt Graz

Seit 1997 Universitätslehrer für Musik- und Medientechnologie an der Bruckneruniversität in Linz, Institut für Jazz und Improvisierte Musik - JIM, Institut für Komposition, Dirigieren und Musiktheorie - DKM und Studio for Advanced Music and Media Technology - SAMT.
Seit 2004 Lehrbeauftragter an der Kunstuniversität Linz, Institut für Medien, für audiovisuelle interaktive Projekte / Max Msp Jitter im Studienzweig InterfaceCulture und digitale Medien/auditory interfaces im Studienzweig audiovisuelle Gestaltung/time based media.

Aufführungen in Europa, Asien, Süd- und Nordamerika
Internationale Workshops in Komposition, Computermusik und Medienkunst (Österreich, Deutschland, Japan, Taiwan, Korea, USA).

Realisierung von mehr als 100 Werken in internationalen Festivals, Konzertreihen und Ausstellungen in Österreich, Deutschland, Schweiz, Frankreich, England, Belgien, Italien, Holland, Ungarn, Tschechien, Kanada, Kolumbien, Brasilien, Rußland, Ukraine, China, Taiwan, Japan, Süd-Korea und USA.
Österreichweite und internationale Rundfunksendungen.
 
http://avant.mur.at/weixler


Mehrkanal-Granularsynthese in Max/Msp von Andreas Weixler:

multichannel granularsynthesis by Andreas Weixler